In unseren Projekten vermitteln wir auf vielfältige Weise den Wert der baukulturellen Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten in den Kantonen St.Gallen und Appenzell Innerrhoden.

Kolumne «Innensicht»

In einer Zusammenarbeit mit der Kulturzeitschrift «Saiten» stellte der Heimatschutz St.Gallen / Appenzell Innerrhoden 22 bemerkenswerte historische oder zeitgenössische Restaurant-Interieurs in der Stadt St.Gallen vor. Die Kolumne, die unter dem Titel «Innensicht» lief, sollte Leserinnen und Leser auf Entdeckungsreise schicken und Wirtinnen und Wirte dazu anregen, den Zeitzeugen Sorge zu tragen. Denn es gibt sie nach wie vor – die historischen Täfer, die wilden Formen der 70er- und 80er-Jahre und die zeitgenössischen Ausstattungen, die mehr sind als der vielgesehene Durchschnitt.

«Innensicht»-Beiträge

Café Zimmermann

Erste Pläne für die Eckliegenschaft Rorschacher-/Grossackerstrasse sind mit 1909 datiert. Ein Jahr später wurde ein abgeändertes Projekt der Architekten O. Konrad und W. Linke gebaut. Unmittel- bar bei der Kreuzung entstand die Post St.Fiden, westlich schlossen mehrere Ladengeschäfte an. Darüber wird grosszügig gewohnt. Eines der Ladenlokale wurde 1912 zu einer Bäckerei mit Backstube gegen
den Innenhof. 1920 entstand zusätzlich das Café. Auftraggeber war Bäckermeister Ernst Zimmermann, dessen Namen das Lokal bis heute trägt.

Die aussergewöhnliche Ausstattung des Raumes mit seltenem Vogelaugen-Ahorntäfer und den Sitznischen stammt laut Erinnerung des späteren Besitzers aus den 1930er-Jahren von einer Ausserrhoder Schreinerei. Auf alten Fotos präsentiert sich ein nobel ausgestattetes Lokal mit Plat- tenboden und langen Perserteppichen.
Das Café betritt man durch das Ladenlokal. Auch dessen Ausstattung dürfte – mit Ausnahme der Verkaufstheke – aus den 1930er-Jahren stammen, ebenso die Kassettendecken. Die Ledersessel sind dunkel-rot und hellgrün gepolstert, früher waren sie mit fein gemusterten Stoffen überzogen. Viele Details sind seit Jahrzehnten unverändert: die Wandleuchten, die filigranen Garderoben, die (leergeräumte) Telefonkabine, die Lüftungsschalter. Nur der Boden ist ersetzt.

Das Café Zimmermann trägt seit Sommer 2009 den Zusatz Vögeli-Beck. Dessen Eigentümer, Ingo Schlütz, hat den Betrieb damals übernommen. Die historische Ausstattung ist bei ihm in besten Händen. Er bezeichnet sich selbst als Fan der aussergewöhnlichen Schreinerarbeiten, die heute unbezahlbar wären. Die fast schon grossstädtisch wirkende Ausstattung ist ein St.Galler Unikum.



Café Zimmermann, Rorschacherstrasse 116. Foto: Monika Ebner, Emanuel Sturzenegger

Militärkantine

Man will sich lieber nicht vorstellen, wie es tönte, wenn die Offiziere Reden schwangen oder Rapporte verlasen. Auch wenn die Militärkantine im Namen weiterlebt, martialischer Ton und Drill sind schon vor Jahrzehnten nach Herisau umgezogen.

1902 wurde das romantisierende Schlösschen als Kantine und Bürogebäude in Betrieb genommen. Geplant hatte es St.Gallens damaliger Stadtbaumeister Albert Pfeiffer. Unten die Soldatenkantine, darüber der Saal für die Offiziere, in den Obergeschossen Büros des Waffenplatzkommandos und eine Wohnung für den «Kantinier». Lange hiess das Restaurant dann «Kastanienhof», und der prächtige Aussenbereich unter den Kastanien ist denn auch die Attraktion in der warmen Jahreszeit.

2014 war die sorgfältige Renovation des Hauses beendet. Im Restaurant im Erdgeschoss steht in der historischen Atmosphäre eine neue Bar, deren farbenfroher Fries auf die Geschichte des Hauses anspielt. Gestaltet hat ihn die Textildesignerin Annina Arter. Mit Liebe zum Detail sind im Eingangsbereich und im Flur Terrazzoböden neu gegossen worden. Sie sind mit Metallstreifen eingefasst – mit den gleichen Streifen, die man auch am Buffet findet. Der Saal im Obergeschoss mit seiner mächtigen Säule im Zentrum und dem grosszügigen Balkon sowie daneben die ehemalige Küche werden heute für Gesellschaften genutzt.

Die Erneuerung aussen und jene von Parterre und erstem Stock hat die Stadt finanziert, das Geld für das Hotel hat das Betreiberkollektiv zusammengetrommelt. All das wurde honoriert: Die Militärkantine wurde 2017 zum «historischen Hotel des Jahres» erkoren, und der Schweizer Heimatschutz führt es in seiner Publikation der «Schönsten Hotels der Schweiz». Die Zimmer sind mit nordischen und heimischen Klassiker-Möbeln ausgestattet – Armee-Mief gibt es keinen mehr.

 


Militärkantine, Kreuzbleicheweg 2.
Foto: Monika Ebner, Emanuel Sturzenegger

Dreilinden

Dreiweieren, das sind Mannenweiher, Bubenweiher und Familienbad. Das war nicht immer so. Die Liegewiese des Familienbads war ein vierter Weiher. Dort stand die Mädchenbadeanstalt und daneben – zwar bloss als Provisorium bewilligt – ein «Milchhüsli», das der «Verband der städtischen Abstinenten-Vereine» betrieb. Und so wissen wir, warum der populäre Kiosk zwischen Mannen- und Bubenweiher gleich heisst. Ausgeschenkt wurden Süssmost und Milch. Laktoseintoleranz war damals noch keine Volkskrankheit.

Der Betrieb am Milchhüsli war offensichtlich so gross, dass die Ortsbürgergemeinde 1931 ein Baugesuch für eine Konditorei mit Café, Laden und Sitzungszimmer einreichte. Bäcker Tanner war von Anfang an als Betreiber vorgesehen. Architekt Carl Adolf Lang war dem vom Bauhaus geprägten Zeitgeist gewogen. Die Form des Hauses mit seiner Rundung gegen Westen und das weit auskragende Dach erinnern an ein Schiff. Diese Architektursprache findet sich auch in anderen Badeanstalt-Gebäuden jener Zeit: in Arbon, Heiden oder Biel.

30 Jahre nach dem Bau kauft die Stadt im Februar 1963 das Haus für 320’000 Franken. Kaum gekauft, wird es für weitere 213’000 Franken saniert und fürs Restaurant neues Mobiliar angeschafft. Doch Dreilinden kommt als Restaurant nicht richtig in Fahrt. 1982 schliesst es und die Sechszimmerwohnung im Obergeschoss wird zum Masters Tonstudio. Dieses Nebeneinander dauert knapp zehn Jahre. Dann kündigt die Stadt den Vertrag, weil Tonstudio und Restaurant sich nicht vereinbaren liessen und das Lokal zu oft geschlossen war.

1991 wird es mit dem Zusatz «Akropolis» wieder eröffnet, doch bald verschwindet dieser Name wieder, und der grosse Restaurantraum findet zu seinen Ursprüngen und den 1962 vorgenommenen Veränderungen zurück. Ein Raum wie ein Schiffsbauch mit profilierter Täferung, Fenstern mit originalen Beschlägen, klassischen Restaurantstühlen, Heizkörperabdeckungen, und sogar der Lautsprecher unter der Decke ist erhalten. Der Saal und das Office im Eingangsbereich dagegen sind ein Tribut an die Rationalisierung der Gastronomie.
 



Dreilinden, Dreilindenstrasse 42. Foto: Monika Ebner, Emanuel Sturzenegger

«Innensicht» lesen

Kulturmagazin Saiten – Kolumne «Innensicht»
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Belebung Areal Bach

Innerhalb der von WWF St.Gallen initiierten Pilotstudie «Grünstrategie 2030» entstand eine grüne Oase im Osten der Stadt St.Gallen. Im Herbst 2020 wurden dank Patenschaften aus der Bevölkerung und grosser Unterstützung von Projektpartnern rund 150 Bäume und Sträucher gepflanzt. Auf dem 18'500 m2 grossen Areal entsteht Schritt für Schritt ein Begegnungsort für die ganze Bevölkerung mit viel Grün.

Visualisierung Bach Areal
Foto: Visualisierung GSI Architekten, Daan Beugels
Areal Bach, Realisierung
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Areal Bach
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Veranstaltungen

Der Schweizer Heimatschutz und seine Sektionen setzen sich jährlich bei zahlreichen Veranstaltungen mit dem Zusammenspiel von Baukultur und Landschaft in allen Regionen der Schweiz auseinander. Dabei wird hinterfragt, kritisch hingeschaut oder einfach nur genossen. Melden Sie sich an, wir freuen uns auf Sie.

Baukultur, Klima, Biodiversität

Veranstaltungsprogramm 2024 des Schweizer Heimatschutzes und seiner Sektionen

Für die Kantone St.Gallen und Appenzell Innerrhoden bietet unsere Sektion innerhalb des Veranstaltungsprogramms einzelne Führungen, Vorträgen und Wanderungen an. Kommende Veranstaltungen werden auf dieser Seite laufend aktualisiert.