Die sieben Organisationen machen darauf aufmerksam, dass nur rund ein Drittel der 77 St.Galler Gemeinden über genügend eigene Fachkenntnisse in Denkmal- und Naturschutzfragen haben. Ein weiteres Drittel zieht bei solchen Fragen jeweils Fachpersonen bei. Ein letztes Drittel fällt leider oft Fehlentscheide, genehmigt Abbrüche, Umbauten und Eingriffe, die Schutzobjekte stark beeinträchtigen oder gar zerstören.
Bisher müssen Eingriffe an Schutzobjekten zuerst der kantonalen Denkmalpflege vorgelegt werden. In Zukunft soll die denkmalpflegerisch-fachliche Beurteilung durch den Kanton erst im Nachhinein erfolgen. Dies wird die Verfahren mit zusätzlichen Expertisen verlängern und verteuern, und birgt die Gefahr, dass ein Objekt bereits beschädigt oder gar beseitigt ist, bevor ein rechtsgültiger Entscheid vorliegt.
Die Schutz- und Fachverbände haben Zweifel, ob die neue Regelung – insbesondere bei Objekten die unter Bundesschutz stehen – rechtlich Bestand haben kann, denn das eidgenössische Natur- und Heimatschutzgesetz stellt Bundesobjekte ausdrücklich unter die Obhut der Kantone. Kommt dazu, dass die St.Galler Verfassung in Artikel 11 ausdrücklich den Kanton dazu verpflichtet, kulturelles Erbe zu bewahren und zu überliefern.
Würde die neue Regelung eingeführt, kämen auf die Gemeinden neue Verantwortlichkeiten zu. Ob sie diesen nachkommen können, stellen die sieben Verbände in Frage. Zeigt sich doch, dass die bereits im aktuellen Planungs- und Baugesetz geforderten Inventare noch in kaum einer Gemeinde nachgeführt und bereinigt sind. Bisher hat auch noch keine Gemeinde ein Reglement über Denkmalschutzbeiträge – obwohl dies das Gesetz bereits seit drei Jahren vorschreibt.
Die neue Regelung ist auch problematisch, weil Bund und Kanton Beiträge an den Erhalt von Schutzobjekten zahlen, die Entscheide aber auf Gemeindeebene fallen sollen.
Die Bevölkerung steht mehrheitlich für einen starken Schutz der Denkmäler ein. Sie verteidigt regelmässig die Ortsbild-prägenden und identitätsstiftenden Bauten und Naturschönheiten. Die neue Regelung würde dazu führen, dass im Kanton die Schutzobjekte je nach Gemeinde ungleich und nicht mehr immer fachlich beurteilt werden. Um dies zu erreichen braucht es eine starke kantonale Denkmalpflege, sonst drohen Verluste von wichtigen Zeugen, auch weil Gemeindebehörden selten wagen, sich mit Grundeigentümern anzulegen.
Falls die vorberatende Kommission und später der Kantonsrat den III. Nachtrag zum Planungs- und Baugesetz in der aktuellen Fassung in Kraft setzen würde, sind die Verbände entschlossen, ihn zu bekämpfen.
Abgebrochene oder bedrohte Schutzobjekte in St.Gallen
Klicken Sie durch eine Bildersammlung von Schutzobjekten, die vom Abbruch bedroht oder bereits durch Neubauten ersetzt worden sind.
Schutz- und Fachverbände opponieren der Verlagerung der Denkmalschutzkompetenzen zu den Gemeinden
Medieninformation vom 7.12.2021