Der Heimatschutz St.Gallen / Appenzell Innerrhoden unterstützt grundsätzlich die Neugestaltung von Marktplatz und Bohl nach dem aktuellen Projekt. Ein wunder Punkt bleibt jedoch der Umgang mit der Rondelle, respektive deren Ersatz mit den neuen Marktpavillons. Der Heimatschutz hat sich seit den ersten Marktplatz-Planungen immer wieder für den Erhalt der Rondelle aus den 1950er-Jahren ausgesprochen. Denn diese zeittypische Kleinbaute ist ein Unikat und sie ist längst zu einem Orientierungspunkt in der Stadt geworden und sie funktioniert bis heute. Dies ist nicht selbstverständlich, denn feste Markthallen oder -Stände scheinen andernorts in der Schweiz kaum mehr einem Bedürfnis zu entsprechen. So steht in Aarau die neue Markthalle leer und auf der Zürcher Gemüsebrücke wird längst kein Gemüse mehr verkauft. Auf dem St.Galler Marktplatz gibt es aktuell auch nur noch einen Anbieter, der im Sinne eines ständigen Marktes die ganze Woche über Gemüse und Früchte verkauft.
Nach der Präsentation des aktuellen Projektstandes mit den beiden diagonal gestellten neuen Pavillons und dem grossen, darüber gespannten Dach, ist von den Marktleuten dieser Tage neue Kritik formuliert worden. Die Pavillons seien zu gross und die Miete sei zu teuer. Für den Heimatschutz ist diese Kritik der künftigen Nutzerinnen und Nutzer Anlass, die Erhaltung der Rondelle statt dem Neubau von Pavillons, nochmals in die Diskussion zu bringen. Dies auch mit Blick auf die Ziele des Schutzverbandes, der sich unter anderem für Bauzeugen aus den 1950er-Jahren einsetzt.
Die neuen Pavillons mit ihrem Dach betrachtet der Heimatschutz als unnötige Stadtmöblierung, zumal im Wettbewerb ein offener Platz gewünscht wurde. Dort wurden auchVorschläge zum Umgang mit der Rondelle erwartet. Die Prüfung von Alternativen zum Abbruch ist unserer Meinung nach bisher unzureichend erfolgt.
Neben der Frage, wer die Verkaufsflächen nutzen würde, ist auch unklar, ob hier – an der meist im Schatten liegenden Platzseite – ein aus den Plänen ersichtliches weiteres Strassen-/Platz-Café existieren könnte.
Stattdessen soll die Rondelle, 1951 vom späteren Stadtbaumeister Paul Biegger geplant, als Zeitzeuge leicht verschoben und erhalten werden. Die Rondelle ist auch ein Unikat, denn sie ist neuneckig während andere «runde» Kioske achteckig sind.
Die mit Blech abgedeckte Holzkonstruktion des Flugdaches schützt die Verkaufsstände und zeigt vor jedem Segment drei abgerundete Oblichter, so dass das Dach zu schweben scheint. Diese Konstruktion erzeugt die, für die Architektur der 1950er-Jahre, typische Leichtigkeit. Darunter sitzt ein inneres Dach, ebenfalls mit einem Oblicht, das den Treppenabgang in den Keller belichtet. Laut Führer der Schweizerischen Gesellschaft für Kunstgeschichte gehört die Rondelle zu den bedeutendsten Kleinbauten in der Stadt St.Gallen und verdient es, erhalten zu werden.
Der Heimatschutz ist sich bewusst, dass Versetzen eines Baudenkmals keine ideale Lösung ist. Er schlägt dies im konkreten Fall dennoch vor, damit die Kleinbaute aus der Achse Marktgasse/Goliathgasse herausrückt. Diese «Achse» ist für die Gewinner des Architekturwettbewerbs und für die Jury wichtig. Gleichzeitig müssten dann auch der geplante Brunnen und die Boden-Wasserdüsen in ihren Positionen überprüft werden.
Neben der neu platzierten historischen Rondelle kann in der weiteren Planung Platz für eine allfällige zweite Kleinbaute vorgesehen werden. Diese sollte aber nur realisiert werden, wenn das Bedürfnis nach mehr festen Marktständen auch wirklich nachgewiesen ist.
Angesichts der langen Planungszeit und der neu aufgeflammten Diskussion um die Pavillons ist es dem Heimatschutz ein Anliegen, dass der Erhalt der Rondelle nochmals vorurteilsfrei diskutiert wird. Auch bei der Gestaltung des Kornhausplatzes mit dem Lämmlerbrunnen führte die nachträgliche Diskussion zu Änderungen an einem bereits beschlossenen Projekt – mit einem durchaus überzeugenden Resultat.
Sollte sich wider Erwarten keine Möglichkeit ergeben, die Rondelle am Marktplatz zu erhalten, resp. zu versetzen, so sind dafür sicher andere Standorte in der Stadt zu finden. Sie kann auch als Buswartehalle und Kiosk oder als Café genutzt werden. Entsprechende Vorschläge gab es unter anderem im Wettbewerb.
Heimatschutz will Rondelle retten und auf neue Marktstände verzichten
Medienmitteilung, 31. Mai 2022